Bauen

Umweltfreundlich, kosteneffizient und gesund

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Obwohl es ohne Beton und Stahl im Bauwesen auch künftig nicht gehen wird, haben nachwachsende und durch Recycling gewonnene Materialien an Gewicht gewonnen. Sie tragen dazu bei, Gebäude umweltfreundlicher, kosteneffizienter und gesünder zu gestalten. Das bietet langfristig Vorteile für Eigentümer, Nutzer und die Gesellschaft insgesamt.

Ob ein Gebäude als nachhaltig eingestuft werden kann, hängt nicht nur vom Energiebedarf und -verbrauch ab. Auch der Einsatz ökologischer Baustoffe spielt eine wichtige Rolle. Materialien aus nachwachsenden Rohstoffen zählen dazu, aber auch durch Recycling gewonnene Baustoffe. Hierzu zählen ferner Materialien, die aus der Region stammen. Da für den Transport zur Baustelle weniger Ressourcen nötig sind, zeichnen sie sich durch einen guten ökologischen Wert aus.

Eine möglichst geringe Umweltbelastung bei der Herstellung spielt somit die Schlüsselrolle. Um die Nachhaltigkeit von Baustoffen und die Umwelteinflüsse bei deren Herstellung einzuordnen, schuf man die sogenannten Umweltproduktdeklarationen Environmental Product Declaration, EPD. Die darin aufgeführten ökobilanzbasierten Indikatoren erlauben, die Auswirkungen einzelner Produkte etwa auf den Treibhauseffekt oder den Verbrauch an grauer Energie abzubilden.

Bauen mit nachwachsenden Rohstoffen

Holz übernimmt beim nachhaltigen Bauen eine tragende Rolle. Während der Wachstumsphase bindet Holz CO-2. Es ist lokal verfügbar, die daraus resultierenden kürzeren Transportwege verringern die Schadstoffbelastung. Optisch sind Holzhäuser manchmal von Gebäuden aus gebräuchlichen Materialien kaum zu unterscheiden. Sie zeichnen sich durch einen hohen Sicherheitsgrad und eine lange Lebensdauer aus. Als weiterer Pluspunkt kommt hinzu, dass es inzwischen recht pflegeleichte Fassaden aus Holz gibt.

Neben Holz werden im modernen Bauwesen auch weitere nachhaltige Baustoffe, darunter Ziegel oder Natursteine, eingesetzt. Auch pflanzliche Baumaterialien wie Reet, Jute oder Stroh können wie Kies, Naturlacke und Kreidefarben zur Umweltfreundlichkeit eines Hauses beitragen.

Allerdings bietet sich Holz wegen der einfacheren Verfügbarkeit als eventuell leichteste Lösung an. Die holzverarbeitende Branche setzt seit Jahren alles daran, dass Architekten und Unternehmen beim Bauen mit Holz denn Anforderungen an Nachhaltigkeit entsprechen. Dank der Eigenschaften des Baustoffs lassen sich technisch und formal neuartige Vorstellungen problemlos und zeitnah umsetzen. Vorteilhaft beim Holzbau sind die geringen Masstoleranzen im Millimeterbereich, wodurch die Vorfertigung der Holzteile einfach zu bewerkstelligen ist. Der vergleichsweise zeitsparende Holzbau schont somit nicht nur die Umwelt, auch die Bauherren, die sich dafür entscheiden, werden entlastet.

Die Ökobilanz von Holz kann erhöht werden, indem man einheimische Baumarten bevorzugt.

  

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Lehmerde ergibt mit Wasser und Arbeitskraft ein Material, das Jahrhunderte überdauern kann.

Lehm: Bauen mit dem ältesten Baumaterial der Welt

Lehmerde zählt weltweit zu den ältesten Baustoffen. Sie kommt beinahe überall vor und ergibt mit Wasser und Arbeitskraft ein Material, das Jahrhunderte überdauern kann. Man muss ihn nicht über grosse Strecken transportieren, damit bleibt der CO₂-Ausstoss überschaubar.

Für Lehm sprechen ausserdem seine bauphysikalischen Besonderheiten: Er reguliert die Luftfeuchtigkeit, verhindert Schimmelbildung und reinigt die Raumluft. Lehm neutralisiert Gerüche, verringert sowohl Elektrosmog als auch Schall und wirkt wie eine natürliche Klimaanlage. Im Sommer kühlen Lehmwände, im Winter sorgen sie durch ihre hohe Wärmeleitfähigkeit in Verbindung mit Wandheizungen für ein angenehmes Wohnklima.

Das derzeit grösste Problem beim Bauen mit Lehm ist der hohe Arbeitskraftbedarf. In Europa sind die Arbeitskosten deutlich höher als in vielen anderen Regionen der Welt. Als preistreibend erweist sich darüber hinaus dabei der chronische Mangel an Fachplanern, Ingenieuren und Handwerkern mit entsprechender Erfahrung. Dennoch entstanden sowohl in der Schweiz als auch in Deutschland bereits grosse Lehmbauten.

Mehr Wohnkomfort und eine bessere Gesundheit dank Lehm

Wenn das Gebäude aus ökologischen Materialien gebaut wird, resultieren daraus auch ein höherer Wohnkomfort und gesundheitliche Vorzüge für die Bewohner. Durch den Einsatz von Stroh, Schilf, Hanf und Flachs wird etwa die Gefahr von Allergien und weiteren Erkrankungen verringert.

Nachwachsende Rohstoffe können heutzutage an vielen Gebäudestellen problemlos eingesetzt werden. Ein Grossteil des Hauses kann man derzeit beispielsweise mit Strohballen bauen. Zwischen den tragenden Holzkonstruktionen können damit ganze Wände gebildet werden. Allerdings verlangt diese Bauweise einen höheren Arbeitsaufwand als das Bauen mit Ziegelmauern. Der mehr als bescheidene Preis für das Rohmaterial darf darüber nicht hinwegtäuschen.

Holzschindeln oder Schilfrohr sind beim Errichten von Dächern in manchen Regionen Tradition. Sie tragen nicht zuletzt zur Attraktivität eines Wohnorts bei. Als Dämmstoffe eignen sich Flachs, Hanf, Jute, Holzfasern, Zellulose, Stroh oder sogar Schafwolle. Ökologischen Dämmmaterialien sollte man allerdings mit der nötigen Sorgfalt aussuchen. Schafwolle etwa wird mit Flammschutzmitteln angereichert, was den ökologischen Wert schmälert.

  

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Nachwachsende Rohstoffe können an vielen Gebäudestellen problemlos eingesetzt werden.

Selbst Hanf kommt für den Gebäudebau infrage

Alternativ zu Zement kann auch Hanf im Gebäudebau eingesetzt werden. Das Innere des Hanfstängels, die sogenannten Schäben, werden für den Bau mit Wasser, Kalk oder Lehm gemischt. Daraus entstehen Steine. Hanfkalksteine und Hanfwolle bieten eine gute Dämmung, gleichen Feuchtigkeit und Temperaturen aus und haben sich in besonderem Mass für den Bau von kleineren Gebäuden in Regionen mit Erdbebengefahr bewährt.

Da Bambusstangen als tragendes Material ungeeignet sind, wurde dieses Material bis in jüngster Vergangenheit lediglich für den Möbelbau verwendet. Mittlerweile wurde «Bambusstahl» entwickelt, ein Verbundmaterial aus Bambusfasern. Genau wie die traditionellen Stahlelemente könnten diese leichteren Varianten auch im Gebäudebau wertvolle Dienste leisten.

Komplett mit Baumaterial aus ökologischen Rohstoffen konstruierte Gebäudebau sind allerdings nicht mehr als Zukunftsmusik. Das Fundament eines jeden Hauses besteht in der Regel aus Beton. Ausserdem brauchen Gebäudeteile aus nachwachsenden Stoffen eine spezielle und nicht selten mit mehr Zeitaufwand und höheren Kosten verbundene Pflege. Wer mit umweltfreundlichen Materialien baut, muss im Schnitt mit Mehrkosten von fünf bis zehn Prozent rechnen.

Neuartige Technologien, die auf dem Recyclingprinzip beruhen, eröffnen ebenfalls ermutigende Aussichten für das Bauen nach nachhaltigen Prinzipien. Um neues Baumaterial aus Bauschutt zu gewinnen, wird deshalb heute weit weniger Energie verbraucht und Kohlendioxid freigesetzt als durch die Herstellung von Beton, Stahl und Glas. Die hierzu nötigen Verfahren sind allerdings derzeit nicht wirklich ausgereift.

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In jedem Kubikmeter Recyclingbeton können mehr als zehn Kilogramm CO2 gespeichert werden.
  

Wertvolle Baustoffe aus recyceltem Abfall

Wenn Beton derzeit recycelt wird, sieht das in der Regel so aus, dass er in geschredderter Form lediglich überwiegend im Strassenbau Verwendung findet. Einem schweizerischen Cleantech-Unternehmen ist es unterdessen gelungen, eine marktreife Technologie für Recyclingbeton zu entwickeln. Aus der Atmosphäre abgeschiedenes CO-2 wird dabei dauerhaft in einem Granulat aus Abbruchbeton gebunden. Das derart angereicherte Betongranulat wird zur Produktion von Frischbeton verwendet. In jedem Kubikmeter Recyclingbeton können so mehr als zehn Kilogramm CO-2 gespeichert werden.

Beim Abriss von Gebäuden anfallende Abfälle jeder Art landen heutzutage jedoch meistens auf der Deponie. Das muss nicht immer so bleiben. Derzeit wird erforscht, wie gut sich etwa gemahlenes Glas für die Herstellung von Beton eignet. Technisch ist es heute bereits möglich, aus gemahlenem Bauschutt, Plastikbausteinen oder gepresstem Papier unter anderem neue Ziegel zu gewinnen.

Immer mehr Architekten finden Freude daran, Gebäude aus recycelten Materialien zu entwerfen. Auch Häuser in Modulbauweise zeichnen sich durch eine bisweilen beachtliche Ökobilanz aus. Einerseits werden durch diese Art des Bauens Zeit, Kosten und Material gespart, andererseits schädliche Emissionen gesenkt. Am Ende des Gebäudelebens können die alten Bauteile problemlos demontiert und grösstenteils wiederverwendet werden.

«Ecocell» heisst der Werkstoff, der von einem Thurgauer Unternehmen entwickelt wurde. Materialprüfungen hatten ergeben, dass der inzwischen patentierte Verbundwerkstoff aus wiederverwertetem Altpapier feuerfest und wasserdicht ist. Und er zeichnet sich durch andere Vorteile aus: Er kann vor Wärmeverlust und Lärm schützen. Die Elemente sind zudem extrem belastbar und bei ihrer Herstellung werden nur geringe Mengen CO-2 freigesetzt. Die fertigen Bauteile werden nach dem Nut- und Feder-Prinzip verbunden, genau nach dem Prinzip der Lego-Steine.

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